Ein Schritt in die Moderne
Es ist der 1. Juli 1913, halb fünf nachmittags und der Postillion Adolf Peters setzt sein Posthorn an und verlässt mit den üblichen Signalen und dem intonierten Lied „Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus“ Lüneburg in Richtung Amelinghausen. Das Sülztor, das er viele Male passieren musste, ist nun Geschichte. Es sollte die letzte Fahrt mit der Personenpost nach Amelinghausen sein. Viele Schaulustige waren gekommen, um die Postkutsche vor ihrer Abfahrt noch zu schmücken. Ein Fotograf war bestellt, um dieses historische Ereignis für die Nachwelt bildlich festzuhalten.
„Die Personenpost, die seit dem Jahre 1866 zwischen Lüneburg und Amelinghausen verkehrte, prankte bei ihrer letzten Fahrt in großartigem Schmucke. Eichenlaub und Kränze von Kornblumen harmonierten vorzüglich mit dem Gelb des Postwagens … Trotzdem er bei der Ankunft daselbst schon auf‘s Prächtigste geschmückt war, ließen es sich ... die jungen Damen aus Amelinghausen nicht nehmen, noch weitere Schmückungen am Wagen und an den Pferden vorzunehmen“, so der Bericht in den Lüneburgschen Anzeigen.
Von 1866 bis Juni 1913 gab es für die Post- und Personenbeförderung zwischen Amelinghausen und Lüneburg eine regelmäßige Post- und Omnibusverbindung. Im Gegensatz zu den Postkutschen hatten die Omnibusse einen geschlossenen Aufbau mit großen Außenfenstern. Der Einstieg war von hinten und acht Personen, die sich gegenüber saßen, hatten Platz. Die Fahrt war nicht so schaukelig wie bei der Personenpost – und auch kürzer.
„Am 2. Juli, morgens um 7 Uhr, ging es zurück nach Lüneburg. Der letzte Passagier war der Hofbesitzer und Gastwirt Hartmann aus Drögennindorf, der persönlich mit der Post verbunden ist, denn seit 35 Jahren hat er zur vollsten Zufriedenheit seiner vorgesetzten Behörde die Posthilfsstelle in Drögennindorf inne. Seit heute werden nun alle Postsachen für die an der Strecke liegenden Ortschaften mit der Kleinbahn befördert“.
Der letze Pferdeomnibusfahrer Lemke hatte bereits am 13. Juni seinen Dienst einstellen müssen. Er und auch die Postkutscher wurden von der Kleinbahn übernommen. Eine durchaus soziale Geste.
Das neue Kaiserliche Postamt war von Bauer Hedder in Sottorf gebaut worden und an die Post vermietet. Die Post beschäftigte fünf bis sechs Personen; einen von ihnen als Landbriefträger, der die Post bei Wind und Wetter zu Fuß in den umliegenden Dörfern verteilen musste. Das änderte sich mit der Einführung der Kaiserlichen Kraftpost nach dem Ende des 1. Weltkrieges.