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Heidegehöft in der Samtgemeinde Amelinghausen

Carl Cowen Schirm

Ein ganz bekannter und begnadeter Kunstmaler lebte und wirkte in Sottorf/Amelinghausen von 1918 bis 1928

Heute lockt die Heide in und um Amelinghausen Touristen an. Vor gut hundert Jahren waren es Maler, die es in  ihren ehemaligen beschaulichen Städten nicht mehr aushielten, weil sie sich in ihrer künstlerischen Tätigkeit durch die wachsende  Industrie mit den riesigen  qualmenden Schloten und dem enormen Bevölkerungszuwachs eingeengt fühlten. Wie Erwin Vollmer aus Berlin und Bruno Dittmann aus Hamburg, zog es auch den in Berlin künstlerisch tätigen Carl Cowen Schirm immer wieder in die Heide.

Schirm war ein deutscher Landschaftsmaler,  Fotograf und auch Bildhauer. Es gibt mehrere Portraits mit Kaiser Wilhelm II. von ihm. Nach dem Abitur hat er sich an der Universität Bonn  für das Studium der Chemie und Physik eingeschrieben; nach wenigen Semestern entschied er sich für die Malerei und besuchte die Großherzogliche Badische Kunsthochschule in Karlsruhe. Sein dortiger Lehrmeister Hans Frederik Gude,  ein bekannter norwegischer Landschaftsmaler, legte die Grundlagen für sein späteres Schaffen als Landschaftsmaler. Aus dem beiderseitigen Interesse für die ursprüngliche Natur in der Heide entwickelte sich eine enge und lang andauernde Freundschaft. 1875 unternahmen beide eine Studienreise  in die Lüneburger Heide. Mit dem Zeichenblock unter dem Arm wanderten sie durch  die Heide rund um Wilsede und Schneverdingen und fertigten Skizzen an, die sie später im Berliner Atelier zu Bildern ausmalten. Während  dieser Zeit muss er wohl die vielen großen Heideflächen in und um Amelinghausen herum liebgewonnen haben. 1878 heiratet Schirm die Tochter von Hans Frederik Gude.

Nach einer längeren Studienreise nach Syrien, Palästina und Ägypten zog es ihn zurück in die Lüneburger Heide. Seine zwischenzeitlich mit Erfolg gekrönten kunstgewerblichen Arbeiten waren nicht das Ziel seiner künstlerischen Tätigkeit, vielmehr war es nun die Landschaftsmalerei. Nach 1900 war er mehr in Schneverdingen und Umgebung als in seiner Berliner Wohnung.  
1918 kam Schirm nach Sottorf. Der Grund  für diesen Ortswechsel war nicht allein die Liebe zur Lüneburger Heide, sondern vielmehr  die wirtschaftliche Not und Lebensmittelknappheit nach dem 1. Weltkrieg. Deutschland hatte den Krieg verloren und der Kaiser musste abdanken. Die neu gegründete Republik stand auf wackeligen Beinen. In Berlin herrschten bürgerkriegsähnliche Zustände. Viele Berliner mussten hungern, da es keine Lebensmittel für Geld gab. Diese Lebensumstände haben Schirm veranlasst, ohne seine Frau und seine drei Kinder aufs Land zu ziehen 
 Von 1918 bis zu seinem Tod 1928 logierte Schirm  bei dem Tischlermeister Anton Rörup in  Sottorf. In dem großen neu erbauten Haus hatte er im obersten Stockwerk eines von den drei Mansardenzimmern. In den beiden anderen schliefen die Dienstmädchen. Im  Nebengebäude hatte er einen Raum, den er als Atelier nutzte.  Alle Mahlzeiten wurden in der Küche mit der Familie Rörup und den Bediensteten  gemeinsam eingenommen. 
In diesen letzten zehn Jahres seines Lebens hat er viele Heidebilder gemalt, die er in der Zeit von 1918 bis zur Einführung der Rentenmark  Ende 1923 gegen Lebensmittel (Schinken, Würste, Kartoffeln) eintauschte, um  seine Familie in Berlin zu furagieren und die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bei der Familie Rörup zu begleichen. Durch die wirtschaftlichen Turbulenzen und die stetig ansteigende Inflation nach dem Ende des Ersten Weltkrieges war das  Geld als Tauschmittel wertlos geworden. Die Abnehmer seiner Bilder waren größtenteils Bauern und Geschäftsleute, für die er auch  Auftragsbilder – z.B. Hofansichten -  malte.  Es ist anzunehmen, dass Schirm nach Einführung der Rentenmark 1923 seine Bilder auch für Geld verkaufte. Es ist nicht  überliefert, inwieweit er sich zwischenzeitlich bei Auftragsgebern aufhielt und für sie das gewünschte Bild malte. Auf jeden Fall war die Tischlerei Rörup sein Hauptdomizil. Sicherlich stand er während seines „Exils“ in unserem Heidedorf in brieflichem Kontakt mit seiner Frau. Leider sind die Briefe nicht mehr vorhanden, so dass man sein Leben und Wirken hier bei uns in der Heide nur in Ansätzen beschreiben kann. 
Der Malstil von Schirm ist weder der impressionistischen noch der expressionistischen Malerei zuzuordnen. Es war nicht sein Ziel, seine Gefühle in den Bildern zum Ausdruck zu bringen. Er wollte die Heide malen -so wie sie sich zeigt -  mit den eindrucksvollen Brauntönen, den tief eingefahrenen Karrenwegen in den großen Heideflächen, die durch Gras- und Sandflächen an vielen Stellen unterbrochen werden.  Der sogenannte Magerrasen, der nichts anderes ist als eine Pflanzengemeinschaftaft auf nährstoffarmen Heideböden, interessierte ihn nicht. Früher - wie heute -  finden wir ihn an vielen Stellen in unserer Gegend. Man muss sie nur kennen. Die vielen kleinen Moorflächen, sowie die kleinen Heideflüsse, die durch das reflektierte Sonnenlicht sich mit einem silbernen Glanz zeigen, hat er gerne gemalt. Obwohl viele seiner Gemälde vielleicht einer Fotografie gleichen, enthalten sie doch viele Sichtweisen, die den Betrachter beeindrucken.